Der Maßstab fremdüblicher Verrechnungspreise
Steuerliche Verrechnungspreise sind eng verwoben mit der Art und Weise, wie ein Unternehmen Werte schafft. Ein gutes Verständnis über die eigene Wertschöpfung und die dahinterstehenden Werttreiber ist daher auch fundamentaler Baustein für die Ermittlung fremdüblicher Verrechnungspreise.
Ausgangspunkt des Fremdvergleichsgrundsatzes (englisch Arm‘s Length Principle) ist die verursachungsgerechte Verteilung von Gewinnen an alle an der Wertschöpfung beteiligten Landesgesellschaften einer Unternehmensgruppe. Der Fremdvergleichsgrundsatz wirkt ergebnisorientiert und vergleicht die internen Verrechnungspreise beziehungsweise die erzielten Margen mit hinreichend vergleichbaren Referenzwerten unverbundener Unternehmen (Fremdvergleichswerte) als Soll-Größe. Durch den Fremdvergleichsgrundsatz soll letztlich eine Gleichbehandlung von gruppeninternen Transaktionen und Markttransaktionen sichergestellt und Wettbewerbsverzerrungen infolge nicht fremdvergleichskonformer Preise entgegengewirkt werden.
Der Abgleich gruppenintern vereinbarter Preise bzw. der Performance von Gruppengesellschaften mit Referenzwerten vergleichbarer Unternehmen mittels Renditekennziffern ist sowohl aus der Perspektive des Steuerrechts aber auch für die Unternehmenssteuerung von elementarer Bedeutung.
Ansätze zur Bestimmung von Verrechnungspreisen
Für Produktions- und Vertriebsfunktionen werden häufig in Bezug auf die Ermittlung von steuerlichen Verrechnungspreisen zwei grds. unterschiedliche Ansätze angewandt: Bei Produktionsfunktionen erfolgt die Ermittlung oftmals nach einer kostenbasierten Verrechnungspreismethode (z.B. Kostenaufschlagsmethode), wohingegen bei Vertriebsfunktionen häufig eine absatzorientierte Verrechnungspreismethode wie die Wiederverkaufspreismethode Anwendung findet. Im Fall von sog. Routine-Gesellschaften (d.h. bei Gesellschaften mit einem eingeschränkten Funktions- und Risikoprofil) wird die Fremdüblichkeit der Verrechnungspreise dabei üblicherweise im Rahmen der transaktionsbezogenen Nettomargenmethode (kurz „TNMM“) durch einen Vergleich einer geeigneten Renditekennziffer (z.B. Nettokostenaufschlagssatz; operative EBIT-Marge) mit den aus Marktdaten abgeleiteten Gewinnindikatoren unverbundener Unternehmen (sog. Datenbankstudien oder Benchmarking) verglichen.
Gleiches mit Gleichem vergleichen
Voraussetzung eines jeden Vergleichs ist ein grundlegendes Verständnis dafür, ob die Vergleichsobjekte in zentralen Vergleichbarkeitsfaktoren vollständig identisch oder, falls nicht, inwiefern Abweichungen bestehen. Diese Vergleichbarkeitsprüfung ist auch bei Datenbankstudien für Verrechnungspreiszwecke vorzunehmen.
Zur Überprüfung der Vergleichbarkeit der beobachteten Marktdaten werden für steuerliche Zwecke allgemein anerkannte Vergleichbarkeitsfaktoren herangezogen, insb.
- Merkmale und Besonderheiten der betreffenden Wirtschaftsgüter,
- ausgeübte Funktionen, übernommene Risiken sowie die eingesetzten Wirtschaftsgüter,
- vertragliche Bedingungen,
- wirtschaftliche Umstände im maßgeblichen Markt und
- die Geschäftsstrategie.
Bezüglich dieser Vergleichbarkeitsfaktoren ist allerdings anzumerken, dass die in den Datenbankanalysen enthaltenen Unternehmen nicht per se in allen Kategorien mit dem betrachteten Gruppenunternehmen bzw. der ausgeübten Funktion (sog. „Tested Party“) vollumfänglich vergleichbar sind. In der Praxis finden daher nicht alle Vergleichbarkeitsfaktoren gleichermaßen Berücksichtigung, da oftmals die erforderlichen Informationen von fremden Dritten nicht verfügbar sind.
Um diesen Unschärfen statistisch zu begegnen, wird üblicherweise die gesamte Bandbreite an beobachteten Fremdvergleichswerten durch Ausschluss von 25% der größten und 25% der kleinsten Werte auf die Interquartilsbandbreite eingeengt.
Welche Werte sind am Markt beobachtbar?
Als einer der entscheidenden Vergleichbarkeitsfaktoren werden sowohl von der OECD als auch der deutschen Finanzverwaltung die Industrie bzw. Branchenzugehörigkeit betont. Die Brancheneinteilung erfolgt in der Benchmark-Praxis üblicherweise auf Grundlage von NACE Codes. Die große Bedeutung der Branchenzugehörigkeit für Renditekennziffern (Nettokostenaufschlagssatz; operative EBIT-Marge) sollen die folgenden indikativen Wertbandbreiten für ausgewählte Branchen als gewichteter Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2017 näher veranschaulichen. Die empirische Studie wurde auf Basis der Amadeus Neo Datenbank der Bureau van Dijk Electronic Publishing GmbH erstellt.
Für Routine-Produktionsunternehmen in den nachfolgenden Branchen können die folgenden indikativen Wertbandbreiten für Netto-Kostenaufschlagssätze beobachtet werden (unteres Quartil – oberes Quartil; Median):
- Automobil: 2,6% – 9,2%; 5,0%
- Chemie: 2,1% – 10,6%; 4,9%
- Pharma: 5,6% – 23,1%; 11,6%
- Rohstoffe: 3,2% – 8,0%; 6,1%
- Maschinen: 3,3% – 12,8%; 6,4%
Für Routine-Vertriebsunternehmen in den nachfolgenden Branchen können die folgenden indikativen Wertbandbreiten für EBIT-Margen beobachtet werden (unteres Quartil – oberes Quartil; Median):
- Automobil: 1,8% – 5,9%; 3,2%
- Chemie: 1,1% – 5,2%; 2,5%
- Pharma: 2,0% – 9,3%; 4,6 %
- Rohstoffe: 1,5% – 5,1%; 2,9%
- Maschinen: 2,2% – 7,4%; 4,2%
Zusammenfassung
Der Vergleich der gruppeninternen Verrechnungspreise bzw. daraus resultierende Margen mit Fremdvergleichsdaten ist grundlegend für die Erfüllung der steuerlichen Compliance Pflichten in grenzüberschreitend tätigen Unternehmensgruppen aber auch für die Steuerung und das Monitoring der Gruppengesellschaften. Die dargestellten Wertbandbreiten verdeutlichen exemplarisch für verschiedene Branchen, wie wichtig die Berücksichtigung der Vergleichbarkeitsfaktoren bei der Bestimmung von Fremdvergleichswerten ist.
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